Mein letzter Blog

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von J.P. Conrad

Artikelbild 02.11.2022

Sprech deutsh du Opfa!

Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht in sozialen Netzwerken auf Posts und / oder Kommentare zu solchen stoße, bei denen sich mir die Nackenhaare aufstellen. Dabei meine ich nicht (nur) die Fragwürdigkeit vieler Inhalte, sondern die Art, WIE dort geschrieben wird. Da werden einem "Sätze" zugemutet, die jegliche Formen von Grammatik, Rechtschreibung und Interpunktion missachten. Und das nicht nur bei schnell per Smartphone hingerotzten kritischen Kommentaren (du hurenson, ich fick deine mudda!), sondern auch zum Beispiel bei Stellengesuchen / -angeboten und anderen gewerblichen Inhalten.

Jetzt frage ich mich natürlich, ob Leute, die auf diese Weise die deutsche Sprache vergewaltigen, überhaupt wissen, wie es richtig geht. Können die dann von diesem Gossenslang auf "richtiges deutsch" umschalten, wenn es drauf ankommt? Oder haben die es vielleicht sogar bei der exzessiven Nutzung sozialer Netzwerke verlernt? Ich weiß es nicht. Was ich weiß, ist, dass ich selbst die deutsche Sprache ehre. Und nein, man ist, wenn man das zugibt, nicht gleich ein Nazi!

Wenn ich etwas schreibe, selbst, wenn es sich dabei nur um eine Kurznachricht handelt, achte ich auf korrekte Satzbildung, Groß- und Kleinschreibung und auch die Interpunktion. Das ist für mich keine unnütze Mehrarbeit und auch keine Zeitverschwendung, da ich das schon immer so mache. Es ist vergleichbar mit dem Runterklappen des Klodeckels nach dem Toilettengang oder dem Benutzen des Blinkers vor dem Abbiegen mit dem Auto - einfach ein Automatismus. Und bevor ich Gefahr laufe, irgendwann unsere Sprache, wie sie im Duden steht, zu verlernen, behalte ich diese "Marotte" bei. Ich sage auch nicht "zumindestens" und weiß genau, wann man "das" oder "dass" verwendet. Bin ich deshalb ein Streber? Nein! Etwas richtig zu machen, sollte man niemandem vorwerfen, auch wenn das heutzutage, ebenfalls dank der sozialen Netzwerke, gang und gäbe ist.

Wer belletristische Bücher schreibt, sollte sein Handwerkszeug beherrschen. Und dazu gehört eben, neben dem Konstruieren eines für den Leser fesselnden Plots, auch die Gewandtheit der Sprache. Hier geht es schließlich nicht um das Aneinanderreihen von Wörtern, nur damit diese den gewünschten Sinn ergeben. So kann man keinen qualitativ hochwertigen Inhalt erschaffen. Es geht vielmehr darum, den Leser mit der ganzen Bandbreite der deutschen Sprache zu verzücken. Zumindest ist das mein persönlicher Anspruch. Natürlich muss man nicht auf Biegen und Brechen hochgestelzte Sätze mit Wörtern bauen, die keiner versteht oder die alles überkonstruiert wirken lassen; das wäre ja kontraproduktiv. Dennoch finde ich es wichtig, sich möglichst vieler Facetten zu bedienen, damit nicht durch zu viele Wiederholungen Monotonie aufkommt.

Natürlich muss man beispielsweise in Dialogen differenzieren, WER sich unterhält. Sind es Erwachsene, Teenager, Kinder? Das hat immensen Einfluss darauf, WIE und WAS sie reden. Ich kann eine Gruppe von Kids nicht reden lassen, als wären sie Akademiker und Erwachsene, als säßen sie im Sandkasten. Will sagen: Man muss sich sprachlich auch anpassen. In meinem Thriller Ort des Bösen kommt beispielsweise ein kleines Kinder vor, dessen Gedankenwelt und Sprache ich eher "naiv" darstelle, während dort Teenager lässig bis obszön sprechen. In Mutterschmerz gibt es einen Dialog, bei dem ich die Grammatik einer der Beteiligten komplett über den Haufen werfe, weil das seinen Charakter, auf symapthisch-humorvolle Art, unterstreicht.

Klar, Deutsch zählt zu den schwersten Sprachen der Welt und auch ich ertappte mich hin und wieder dabei, dass ich im Duden nachschlagen muss. Aber deutlich öfter nutze ich zum Beispiel ein Synonyme-Lexikon, um möglichst viel Abwechslung in meine Texte zu bringen. Dabei bin ich immer wieder überrascht, auf wie viele Arten man etwas sagen kann. Auch versuche ich, wo es geht, auf Anglizismen zu verzichten. Wenn jemand sich entschuldigt, muss es nicht unbedingt das (für mich grauenhaft klingende) "Sorry!" sein. Ein "Oh, Verzeihung" ist doch viel galanter. Wirkt das aus der Zeit gefallen? Vielleicht. Aber wem das nicht passt, dem kann ich nur sagen: Chill mal deine Base!