Mein letzter Blog

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von J.P. Conrad

Artikelbild 15.10.2022

Nur Chaos kann helfen!

Meine Art, ein Buch zu schreiben, ist sicher nicht jedermanns Sache. Ich kenne viele Autoren, die ihre Geschichte von A-Z durchstrukturieren und die handelnden Personen bis ins kleinste Detail ausabreiten, ehe sie auch nur eine Seite schreiben. Das finde ich bewundernswert und es hat sicher viele Vorteile. Auch Alfred Hitchcock, dessen Genialität ich sehr bewundere, hat seine Filme immer schon komplett im Kopf und dann als Storyboards ausgearbeitet. Sie mussten dann "nur" noch gefilmt werden.

Ich kann so nicht arbeiten! Hier muss ich mich klar als kreativer Chaot outen, denn ich schreibe ziemlich unstrukturiert. Als Initialzündung dient mir meist eine starke Szene, die ich mir ausgedacht habe und um die ich die Handlung herum aufbaue (Beispiel: Die Schwimmbad-Szene in Aufgefressen). Oder ich hole mir externe Inspiration wie bei Ort des Bösen. Hier hatte ich als Basis für die Story nur eine kurze Meldung aus einer Tageszeitung.

Das Schwerste ist immer der Anfang, in etwa so die ersten 20-30 Seiten. Dann ist ein Grundstein gelegt, die Stimmung und Ausrichtung gesetzt und die wichtigsten handelnden Personen etabliert. Im Laufe der Jahre habe ich festgestellt, dass das Klischee "Meine Protagonisten machen, was sie wollen) gar keines ist; zumindest nicht für mich. Ich kann nur einfach drauf los schreiben und weiß dementsprechend am Anfang des Tages nicht, was ich an dessen Ende auf dem Papier habe. Manchmal bin ich selbst überrascht, wie sich handelnde Personen und dementsprechend Handlungsstränge verselbstständigen.

Wer meine Bücher kennt, weiß, dass die Geschichte nur selten komplett linear ablaufen. D.h. es gibt sehr oft Zeitsprünge, Rückblenden oder auch parallel ablaufende Handlungsstränge. Und auch beim Schreiben läuft bei mir nur wenig linear ab. Je nach Stimmung und / oder neuen Ideen springe ich hier zwischen fortlaufenden Kapiteln, Rückblenden und Einschüben hin und her. Auch kann es passieren, dass ich Kapitel innerhalb der Geschichte verschiebe. So ist zum Beispiel das Frühstück in Die Jagd der Henker ursprünglich das letzte Kapitel gewesen.

Bei mir liegt also die Kreativität im nicht vorhanden sein von Strukturen. Klingt komisch, ist aber mein Weg. Und der funktioniert nun schon eine ganze Weile ziemlich gut. Das bedeutet aber nicht, dass ich mit dieser Methode missionieren möchte! Nein, jede Autorin und jeder Autor soll so vorgehen, wie er es möchte und muss letztendlich seinen Weg für produktives und effektives Schreiben finden. Wenn der eine in eine Sackgasse führt, muss man eben den nächsten versuchen. Wichtig dabei ist nur, dran zu bleiben und sich nicht entmutigen zu lassen. Kreatives Schreiben ist ein Lernprozess, den man, Talent vorausgesetzt, nur durch eigene Erfahrungen lernen kann.